266 StGB – Untreue

Wegen Untreue wird bestraft, wer die Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht (sog. Missbrauchstatbestand), oder wer die Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt (sog. Treuebruchstatbestand). Der sehr weit gefasste Tatbestand verstößt nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (BVerfG, 2 BvR 2559/08).  

Voraussetzung für beide Tatbestände ist das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht. Diese besteht klassischerweise bei dem Geschäftsführer einer GmbH hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens.

Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen einer Pflichtverletzung. Nach Auffassung des BGH muss es sich um eine "gravierende" Pflichtverletzung handeln (BGH 1 StR 215/ 01). Kriterien für das Vorliegen einer Pflichtverletzung sind:

  • Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand
  • Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage
  • fehlende innerbetriebliche Transparenz
  • Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.

Eine Handlung stellt dann keine Pflichtverletzung dar, wenn sie

  • von Verantwortungsbewusstsein getragen,
  • am Wohl des Unternehmens orientiert ist und
  • auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruht (BGH 3 StR 90/10).

Bei dieser Entscheidung hat sich der BGH erkennbar an der sog. "Business Judgement Rule" aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG orientiert.

Nach diesen Kriterien kann Mäzenatentum des Vorstands einer Aktiengesellschaft den Tatbestand der Untreue erfüllen  (BGH 1 StR 215/ 01).  

Die Einführung eines Systems von "schwarzen Kassen" kann bei einer politischen Partei auch dann einen Verstoß gegen Vermögensbetreuungspflichten darstellen, wenn mithilfe der schwarzen Kassen politische Ziele gefördert werden, hierbei aber die zuständigen Gremien umgangen werden (BGH 2 StR 499/ 05).

Die Gewährung eines Kredits kann dann eine Untreue zulasten des Kreditinstituts darstellen, wenn der Sachbearbeiter ihm obliegende Informationspflichten hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers in gravierender Weise verletzt hat (BGH 1 StR 185/01). Bei der Kreditvergabe kann für eine Pflichtverletzung sprechen, dass (BGH 1 StR 280/99)

  • die Informationspflichten vernachlässigt wurden;
  • die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen;
  • im Zusammenhang mit der Kreditgewährung unrichtige oder unvollständige
  • Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht
  • befugten oder berechtigten Personen gemacht werden;
  • die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten wurden;
  • die Höchstkreditgrenzen überschritten wurden;
  • die Entscheidungsträger eigennützig handelten.

Auch das Vorenthalten von Geldmitteln durch ein verdecktes Kontensystem kann den Tatbestand der Untreue erfüllen, und zwar auch dann, wenn der Täter beabsichtigt, die Gelder zu einem späteren Zeitpunkt und nach eigenem Gutdünken dem Unternehmen wieder zuzuführen (sog. Siemens-Entscheidung, BGH 2 StR 587/07).

In der sog. "Kinowelt-Entscheidung" hat der BGH festgestellt, dass Investitionen in ein anderes Unternehmen, dessen Übernahme für die Zukunft geplant ist, dann eine gravierende Pflichtverletzung darstellen, wenn aufgrund der eintretetenden Illiquidität des anderen Unternehmens diese Zahlungen im hohen Maße verlustgefährdet sind (BGH 1 StR 571/04).

Nach der sog. "Mannesmann-Entscheidung" können Zahlungen an ein Vorstandsmitglied, die keinen       zukunftsbezogenen Nutzen für das Unternehmen für das Unternehmen sondern ausschließlich belohnenden Charakter haben, eine Schädigung des Gesellschaftsvermögens und damit eine Untreue darstellen (BGH 3 StR 470/04).

Fahrten des Aufsichtsrats eines Unternehmens, die auch touristischen Charakter, stellen keine Untreuehandlung dar, wenn während der Fahrt die Informations- und Bildungszwecke dominiert haben (OLG Hamm III-4 RVs 42/12).